die beiden Bilder, die Andrea 2010 fuer uns machte.
1: Daddy Niklaus zu Besuch bei mir im Dach des Hauses, in dem er 1936 geboren wurde.
2: Tobi im oberen Zimmer an der St.Jakobstrasse, das Bild aufgehaengt im Dachzimmer des Hauses Sandfoore.
3: Ich biete ihm meinen Platz an, er schaut zufrieden. — Das Bild im Hintergrund mit Blick aus der oberen Kueche der alten Villa, mit Blick auf das Bierdepot, bzw. deren alte Steinmuehle, die inzwischen verschwunden ist. Die Blechkiste der Electrolux war damals noch Rotbraun. (( Nun ist das Gebaeude Hellgrau oder Weiss. Und dann kam auch noch ne neue graue Blechkiste hinter den Geleisen dazu. Und bald wird es wohl nochmal ganz anders aussehen . .))
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Andrea Muheim und ich kannten uns schon seit einiger Zeit. 2010 entschloss ich mich, mich von ihr malen zu lassen — sozusagen als Selbst-Therapie aber auch als Job fuer die und mit der geschätzten Kuenstlerin. Mein 45-Geburtstagsgeschenk an mich selbst. — Es war das Jahr, in dem mein Vater sehr krank war. Dass ich mich malen liess, hatte etwas damit zu tun. — Etwa fuenf mal durfte ich sitzen, in unserer Wohnung hinter der Stauffacherkirche. Sie richtete sich genauso bequem vor der Leinwand ein wie ich im Fenster als Malvorlage. Hinter der Leinwand, oder vor der Leinwand — auf jeden Fall war die Leinwand zwischen uns. Sie malte — und wir redeten — oder schwiegen auch gerne, waren dabei in sehr spezieller und schoener Resonanz zueinander. Gleichzeitig flankierte uns meine kleine Toechter mit lustigen oder in genauso ruhig-entspannter Art, — immer noch lustigen Spielen und Fragen.
Es hat grossen Spass gemacht, zusammen an dieser gemeinsamen Arbeit eines Bildprozesses zu sein. — Als das Porträt fertig war, kam es mir vor, als gaebe es mich nun doppelt — auch wenn der TB im Bild ein anderer ist als der, der immernoch in meiner physischen Form herumtanzt.
Der Prozess, wie Andrea aus dem Schauen und Erfassen des Gegenuebers eine Bildhaftigkeit in die Oelschicht hineinarbeitete, hatte eine magische Qualität. Es erfüllte mich mit Staunen. — Die Welt musste eine Weile in Stillstand geraten oder zumindest sehr wirksam abgebremst werden, damit Andrea mit ihren Farben und Pinseln den Moment enfangen konnte. — Es war eine aussergewöhnlich intensive Begegnung mit dem Phaenomen ZEIT.
Kurze Zeit spaeter engagierten meine Mutter und ich Andrea ein zweites Mal, — um auch meinen Vater zu portraitieren. Er war von seiner ALS-Erkrankung (Amyotrophe Lateral-Sklerose) schon ziemlich geschwaecht, und es war allen klar, dass er nicht mehr gesund werden konnte. Nitsdestotrotz hatte er grosse Lust und Freude, sich auf dieses Projekt einzulassen. Andrea reiste vier bis fuenf Mal nach Maegenwil. Die Sitzungen durften nicht zu lange dauern, denn die Sitz-Arbeit (als Bildvorlage zu dienen) war fuehr ihn eine massive Anstrengung. Aber er freute sich sehr ueber Andreas grosse Aufmerksamkeit und ueber ihre Gesellschaft. Die beiden erlebten etwas ähnliches, wie ich, aber selbstverstaendlich anders. Und sie brachten das Bild zustande — fuer ihn war es sein letztes »Werk», gemeinsam erschaffen mit Andrea. Und schon kurz nach der Vollendung stand es neben seiner Urne in der Wohlenschwiler Kirche.
Nun, wie unglaublich traurig, dass auch Andrea schon weggedriftet ist. Wie schade, der Moeglichkeit beraubt zu sein, Ihr wieder zu begegnen, wie skandaloes, aber auch eben einfach: wie real ! — Es war schoen, „Zeitgenossen“ gewesen zu sein.
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(( Am Tag, als ich das hier publiziere, findet in Zuerich Stauffacher die Abschiedsfeier fuer Andrea statt. Ich selber kann leider nicht daran teil nehmen, weil wir in Maegenwil SundayJam haben. Ich bin in Gedanken dabei . . ))